Kritik: JACK RYAN – SHADOW RECRUIT

Jack Ryan (Chris Pine) hat sich nach seinen Erfahrungen als Soldat in Afghanistan einem bürgerlichen Leben verschrieben. Er will die Erinnerungen abschütteln und keinerlei Risiko mehr eingehen. Aus diesem Grund ist er mit seinem Bürojob an der New Yorker Wall Street mehr als zufrieden – doch Ryan muss schneller wieder zur Waffe greifen, als ihm lieb ist. Unter einem Vorwand lädt ihn der CIA-Agent William Harper (Kevin Costner) zu einem Gespräch ein, bei dem er Ryan eröffnet, dass er dessen Hilfe brauche, um einen Anschlag und den daraus resultierenden Zusammenbruch des Finanzwesens – sowie der gesamten Wirtschaft – zu verhindern. Die Gefahr geht angeblich vom russischen Oligarchen Viktor Cherevin (Kenneth Branagh) aus, der zuerst die Vereinigten Staaten und dann sämtliche wichtigen Finanzplätze lahmlegen will. Entgegen anfänglicher Widerstände lässt sich Ryan darauf ein, nach Moskau zu fliegen und Cherevin von seinem Plan abzuhalten. Dies soll nach Möglichkeit ohne Waffengewalt erfolgen. Ryan verfängt sich jedoch schnell in einem Netz aus Intrigen – und dann taucht auch noch seine Freundin Cathy (Keira Knightley) in Moskau auf.

Romanautor Tom Clancys Kultfigur ist zurück! “Jack Ryan: Shadow Recruit” erzählt, wie der CIA-Novize sich seine Sporen verdienen muss und wirft dabei einmal mehr die Entwicklung seines Charakters und die Handlungsabläufe früherer Jack Ryan-Verfilmungen über Bord. Das macht das neueste Abenteuer zwar nicht weniger aufregend, sorgt aber durchaus für etwas Verwirrung und schickt mit Chris Pine den nunmehr vierten Darsteller für die Titelfigur ins Rennen.
Während “Jagd auf Roter Oktober”, “Die Stunde der Patrioten” sowie “Das Kartell” noch chronologisch aufeinander aufbauten, wurde bereits mit “Der Anschlag” auf eine Storyline zurück gegriffen, die Jack Ryans Anfänge bei der CIA schilderten.
Nach Alec Baldwin und Harrison Ford übernahm dort Ben Affleck die Rolle des jungen CIA-Analytikers, der in der neuesten Verfilmung von Chris Pine abgelöst wurde. Der kann zumindest in den actionreichen Szenen überzeugen, insgesamt mangelt es ihm jedoch, ebenso wie Keira Knightley als Ryans Verlobte, an Charisma – ein Manko, das versierte und altgediente Top-Stars wie Kevin Costner und Kenneth Branagh wieder wett machen.

Der britische Darsteller Branagh, der für seine vielen anspruchsvollen Rollen, insbesondere aber für seine Shakespeare-Verfilmungen sowohl als Darsteller (“Heinrich V.”, “Hamlet”) als auch als Regisseur (u.a. “Viel Lärm um nichts”) bekannt und fünffach Oscar-nominiert ist, spielt nicht nur eine der Hauptrollen, sondern führte auch Regie bei “Shadow Recruit” und überzeugt mit einer temporeichen Inszenierung, die vor allem im letzten Drittel auf nervenaufreibende Actionszenen und Hochspannung setzt.
Eine effektgeladene Zerstörungsorgie darf der Zuschauer hier jedoch nicht erwarten. Zum einen bleibt Branaghs Inszenierungsstil wohltuend Old School und zum anderen die Reihe sich selbst treu: “Shadow Recruit” ist ein klassischer Agentenfilm, der mit den üblichen Story-Elementen wie politische Intrigen, Verschwörungen und internationale Interessenkonflikte das Szenario einer neuen terroristischen Bedrohung entwirft: Ein Anschlag auf die Finanzstärke Amerikas, der eine globale Wirtschaftskrise zur Folge hätte.

Dabei wird, wie bei den Jack Ryan-Verfilmungen üblich, weniger auf Waffengewalt gesetzt, sondern aus dem Hintergrund operiert. Ryans analytische Fähigkeiten tragen auch hier wieder zum Erfolg der Mission bei: Intelligenz steht dem Wahnsinn des Gegners gegenüber, der Amerika für seine Ignoranz und Politik strafen und in die Knie zwingen will, letzten Endes aber sogar von seinen eigenen Mitverschwörern eiskalt hingerichtet wird, um die diplomatischen Beziehungen nicht zu gefährden.
Dabei setzt “Shadow Recruit” auf die Stärken der Dialoge und seiner Darsteller, sowie auf ein Höchstmaß an Spannung – angereichert mit wenigen, aber routiniert inszenierten Actionsequenzen, die von einem temporeichen Score dynamisch getragen werden.

Der Prolog ist dabei jedoch etwas dürftig ausgefallen: Ryans erste Stationen über einen Zeitraum von 10 Jahren werden in knapp fünf Minuten abgehandelt, während Chris Pine und Keira Knightley in ihren Rollen blass bleiben und die Entwicklung ihrer Charaktere nicht übereinstimmend ist zu der, die aufgeweckte Zuschauer noch aus dem 2002er “Der Anschlag” in Erinnerung haben.
Das erste Drittel passt sich inszenatorisch dem Rest des Films an und ist sauber in Szene gesetzt – die Einführung diverser Charaktere und ständige Schauplatzwechsel sowie die Dialoglastigkeit der Handlung lassen diese Passage jedoch langatmig erscheinen.
Ist diese Hürde erst einmal genommen, erweist sich der intelligente Actionthriller als äußerst unterhaltsame, spannende und angenehm unspektakuläre und willkommene Alternative zum effektgeladenen “Mission: Impossible”-Franchise.
Trotz anfänglicher Schwächen durchaus empfehlenswert und mitreißender als das “Phantom Protokoll”!

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