Sie lächeln, machen gerne mit den Besuchern auf einer Convention Fotos, und posieren auf einem Cosplayer Catwalk. Die Welten der Superhelden, Filmcharaktere, Prinzessinnen und Hobbits scheinen in Ordnung zu sein. So macht es den Eindruck, dass sie mit ihrem Hobby dem Alltag entfliehen können. Doch leider sieht die Realität ganz anders aus. Immer wieder tauchen Geschichten auf, in denen Cosplayer gemobbt werden. Sie haben keine selbst genähten Kostüme. Sind zu alt, oder haben einfach nicht die Figur, einen solchen Charakter präsentieren zu dürfen. „Der Hellboy hat doch nicht so dicke Arme“, „wie sieht das denn aus“, „Der Antman ist aber pummelig“. Und so wird die Flucht aus dem Alltag, zu einem absoluten Albtraum. Der Spießrutenlauf hat begonnen. Man schließt sich einer Gruppe an, wo man denkt: „Hey, die haben genau das Gleiche durchgemacht wie ich. Schließlich wurden sie ebenfalls gemobbt, dann habe ich endlich meine Ruhe.“ Und dann merkt man schnell, dass gemobbte Opfer auf einmal selbst zum Mobber werden. Und dann fängt alles wieder von vorne an. Die Stimmen unserer Gesellschaft werden immer lauter. Die Kommentare in den Netzwerken immer hasserfüllter. „Ich werde ja wohl mal meine Meinung sagen dürfen“, ist der Lieblingssatz der Deutschen. Viele Leute scheinen frustriert zu sein, dass sie nichts ändern können. Und der gesellschaftliche Frust landet auf einmal auf einer Convention. Obwohl es auf einer Convention eigentlich nur darum gehen sollte, Spaß zu haben und unter Gleichgesinnten Gespräche zu führen, seine Erfahrungen weiter zu geben und sich mit anderen Menschen zu freuen, wenn sie tolle Erlebnisse hatten, oder auf einer Convention mal für ein paar Stunden ihre Sorgen und Nöte vergessen dürfen. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, wenn man sich nicht zu wichtig nimmt, und mehr an andere Menschen denkt, ist man wesentlich ausgeglichener und glücklicher, als wenn man nur versucht, sich an erster Stelle zu stellen. Wir sind alle nicht der Mittelpunkt der Erde, und sollten unsere Erwartungshaltung, als Vorschlag, mal zurückschrauben. Ich zitiere gerne einen wunderbaren Menschen, den ich kennen lernen durfte. „Gibt man viel Liebe, bekommt man viele Liebe zurück.“ Der Wettkampf, der Beste zu sein, und dauerhaft diesen Kampf anzunehmen, etwas von der Torte abhaben zu wollen, ist sehr anstrengend und kostet sehr viel Zeit. Zeit? Zeit steht für mich an erster Stelle, diese nicht zu verschwenden. Diese Zeit, die ihr für diese sinnlosen Kämpfe verschwendet, bekommt ihr nicht mehr wieder. Wir haben auf dieser Welt nur eine begrenzte Zeit, und wir wissen nicht wie viel Zeit wir noch haben. Ist es das wirklich wert, die Zeit damit zu verschwenden? „Warum bekommt dieser Cosplayer mehr Zuspruch als ich?“, der meist gesagte Spruch, „und was ist mit mir? Ich habe doch auch ein tolles Cosplay. Warum bekomme ich diesen Zuspruch nicht?“, „Warum berichtet ihr über diesen Cosplayer, und über mich nicht?“. Eigentlich eine ganz einfache Geschichte. Ihr habt alle großartige Cosplay Kostüme. Ihr habt wirklich großartige Ideen und ich finde viele Geschichten, die hinter euren Projekten stecken sehr interessant. Ich habe auch einen riesigen Respekt davor, wie viele Cosplayer sich für krebskranke Kinder oder sogar für ein Kinderhospiz einsetzen. Die Kraft zu haben, diese Kinder mit einem besonderen Cosplay zu besuchen und ihnen vielleicht eine letzte Freude zu bereiten, dies muss man einfach unterstützen. Bitte redet weiter darüber, und versucht andere Menschen davon zu überzeugen, weiter diese tollen Projekte zu unterstützen.
Viele Cosplayer und Vereine sind an uns herangetreten, und haben uns gefragt, ob wir nicht Interesse an diesen Projekten haben, über sie zu schreiben, und ihre Geschichte weiterzugeben. Und wir haben uns sehr darüber gefreut. Die Cosplayer und Vereine, die uns nicht gefragt haben, und uns anschließend dafür kritisiert haben, für diese sympathischen Menschen habe ich eine Geschichte: Ich war neulich in einem Restaurant, wo ein Tisch von einem Kellner komplett ignoriert wurde. An diesem Tisch saßen ganz viele Erwachsene und ein ca. 12-jähriges Kind. Alle regten sich darüber auf, dass der Kellner keine Bestellung aufnahm, und sie bereits fast 25 Minuten dort ohne Getränke warteten. Plötzlich stand der Junge auf, und ging zu dem Kellner. Er redete total unaufgeregt über die missliche Situation, und der Kellner nahm sofort die Bestellung auf. Der Junge setzte sich wieder an den Tisch, und sagte laut: „Nur sprechenden Leuten kann geholfen werden“. Einen weiteren Kommentar dazu, spare ich mir jetzt. Außer dass ich dieses Kind gefeiert habe. Ich denke damit wurde alles gesagt. Von einem ca. 12-jährigen Jungen in nur einem Satz.
Eure Yvonne
by Yvonne Lenk (YL)
Mehr zum Thema Mobbing findet Ihr in den nächsten Ausgaben des Convention-Magazins.
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